Stagflation

Lesen Sie den aktuellen Marktausblick Q4/2021 und erhalten Sie die Einschätzungen unserer Experten.

Deutschland

Die Wahl in Deutschland hat wenig Auswirkungen auf die Finanzmärkte, da die expansive Fiskalpolitik weitergeführt wird. Eine neue Regierung wird große Investitionen in die Infrastruktur und in die Wirtschaft unseres Landes tätigen müssen, um dem Ziel der CO2-Neutraliät näher zu kommen. Profitieren könnten gegebenenfalls Unternehmen aus den Sektoren der erneuerbaren Energien oder auch der Industrie, da es hier zu weiteren staatlichen Stimuli kommen kann (z. B. Energiewende oder Modernisierung der Infrastruktur). Zum 20.09. wurde der DAX von 30 auf 40 Unternehmen erhöht. Ziel ist es eine höhere Marktbreite damit zu erreichen. Das aktuell für den Aktienmarkt bedeutendste Thema ist die Entwicklung der Inflation. Aktuell verweist die europäische Notenbank auf sogenannte Basiseffekte. Gemeint ist damit, dass die Preise im letzten Jahr aufgrund der Pandemie sehr niedrig waren und durch steuerliche Nachlässe, wie beispielsweise die zeitlich befristete Senkung der Mehrwertsteuer weiter gedrückt wurden. Dies führt in Kombination mit steigenden Rohstoffpreisen und der CO2-Steuer zu einer erhöhten Inflationsrate. Hinzu kommen aktuell auch Lieferengpässe, die zu einem Anziehen der Preise führen. So kommt das Beratungsunternehmen AlixPartners zu dem Ergebnis, dass die Autoindustrie aufgrund des Chipmangels Umsatzeinbußen von weltweit 210 Mrd USD hinnehmen muss.

Die steigenden Inflationsraten führen zu Marktzinserhöhungen, so stieg die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe von -0,60% (Stand Januar 2021) auf -0,30% (Stand 30.09.2021). Dies führt zu einer höheren Schwankung an den Aktienmärkten. Die Wirtschaftsweisen haben in Ihrem Herbstgutachten die Wachstumsaussichten für das laufende Jahr nach unten revidiert, dafür aber für das kommende Jahr erhöht. Bei der Inflationsentwicklung erwarten Sie eine „Normalisierung". Das bedeutet, dass die Inflationsrate im mehrjährigen Durchschnitt auf die Zielrate von 2% fällt. Dies aber nur unter der Bedingung, dass die Lohnabschlüsse in Deutschland moderat (2%-2,5%) bleiben. Man geht davon aus, dass die Wirtschaft bis Mitte 2022 ihr Vorkrisenniveau erreicht hat. Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass Aktien eine attraktive Gewinnchance bieten können. Eine länger andauernde Seitwärtsbewegung mit immer wieder auftretenden Kursrückschlägen können wir nicht ausschließen.

 

Europa

Die wirtschaftliche Erholung setzt sich auch in Europa mit den steigenden Impfquoten weiter fort. Die Konjunktur wird allerdings auch hier von der steigenden Rohstoffknappheit gedämpft. Auch in Europa machen sich Inflationssorgen zunehmend breit. So räumt die EZB-Präsidentin in Ihrer Rede zur Eröffnung des Geldpolitischen Forums (Notenbanktreffen) ein, dass die Preise in den kommenden Jahren in die Höhe getrieben würden, da die aktuellen Versorgungsengpässe Unternehmen dazu veranlassen könnten, ihre Lieferketten zu diversifizieren und die Produktion zu verlagern. Die Kosten hierfür könnten auf die Verbraucher umgelegt werden.

Aktuell gehen die Finanzmärkte nicht von einer Änderung in der EU-Politik durch die Wahl in Deutschland aus. Ebenfalls ist nicht davon auszugehen, dass die EZB ihre expansive Geldpolitik zurückfährt, da man bereits Änderung in der Zieldefinition vorgenommen hat, die höhere Inflationsraten zulässt. Im Herbstgutachten der Wirtschaftsweisen wird für Europa eine ähnliche Entwicklung wie in Deutschland gesehen, also aufgrund der Lieferengpässe ein geringeres Wachstum in diesem Jahr, dafür ein höheres im kommenden Jahr. Unsere Einschätzung für die europäischen Aktienmärkte sieht ebenfalls kurzfristig eine Seitwärtsbewegung vor, langfristig bleiben wir auch hier positiv für Aktien.

 

USA

In den USA wurde der Haushaltstreit durch eine Anhebung der Schuldenobergrenze bis 03.12.2021 vertagt. Es handelt sich hierbei fast um ein Ritual der amerikanischen Politik, da es hier häufig zu späten Lösungen kommt, obwohl beide Parteien kein Interesse (z. B. Zwischenwahlen 2022) haben, einen „Shutdown" vieler Regierungsbehörden zu provozieren. Der Beschluss über die Konjunkturpakete (1,2 Bio USD Infrastruktur, 3,5 Bio USD für Soziales) wurde erneut verschoben. Auch in den USA sorgen die steigenden Rohstoffpreise für Aufsehen und führen zu einem Anstieg der Inflation. Die US-Notenbank FED deutet für Dezember einen vorsichtigen Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik an. So könnten voraussichtlich ab November oder Dezember weniger Anleihen gekauft werden (Tapering).

Zinserhöhungen werden im Geldmarkt aktuell erst für das Jahr 2023 eingepreist. Aus der Perspektive der Aktienmärkte wirken Zinserhöhungen, speziell im Technologiesektor, negativ. Auch waren die Ausschläge nach unten bei den Ausstiegen aus der ultralockeren Geldpolitik in den Jahren 2013 und 2018 deutlich erkennbar, so dass wir im 4. Quartal mit einer erhöhten Volatilität rechnen. Mittel- und langfristig sollte die weltweit anziehende Konjunktur weiter positiv für Aktien sein. Auch die angelaufene Berichtssaison wirkt stützend für die Aktienmärkte.

 

Asien

Auch an den asiatischen Börsen herrscht eine wachsende Unsicherheit. Aufgrund steigender Rohstoffpreise gepaart mit Lieferengpässen haben beispielsweise chinesische Industriebetriebe ihre Preise im September stärker angehoben als erwartet. Zudem wirkte das zeitweise Aussetzen der Stromzufuhr in diesem Zusammenhang wie ein Brandbeschleuniger. Hintergrund hierfür sind die Klimabudgets in Regionen die Rohstoffe fördern und verarbeiten (z. B. Magnesium), da China bis 2060 CO2-frei werden will. Die aktuellen Daten zur wirtschaftlichen Entwicklung Chinas sind mit 4,9% im dritten Quartal schwach. Zudem geraten immer mehr Immobilienunternehmen unter Druck, nachdem weitere Bauträger ihre Zinszahlungstermine nicht eingehalten hatten. So hat Evergrande, zweitgrößtes chinesisches Bauunternehmen mit mehr als 300 Mrd. Dollar Verbindlichkeiten, bereits zum dritten Mal in den letzten drei Monaten Zinszahlungstermine für seine internationalen Anleihen ohne Zahlung verstreichen lassen. Auch wenn zumindest ein Zahlungstermin mittlerweile im letzten Moment nachgeholt wurde, bleibt der Ausblick vage. Ratingagenturen stufen bereits jetzt die Bonität weiterer Branchenschwergewichte (z. B. Greenland oder E-house) herab. Die weitere Entwicklung muss daher genau beobachtet werden.

Viele asiatische Länder sind bisher recht glimpflich durch die Coronapandemie gekommen. Allerdings sind die Impfquoten in vielen Schwellenländern eher gering, so dass die Gefahr von (regionaler) Ein- und Beschränkung gegeben ist. Wir sind daher mit größeren Investments in Asien sehr zurückhaltend, auch im Hinblick darauf, dass durch die Zinsfantasien in den USA Kapital zurückfließen könnte. Dies wiederum würde die lokalen Währungen und Unternehmen belasten.

 

Abschließend bleibt diesmal zu sagen:

Die bereits in den vorherigen Newslettern sowie in diesem genannten Risken treten sukzessive ein. Aktuell und damit kurzfristig nimmt das Risiko einer Stagflation, also wirtschaftliche Stagnation mit steigenden Preisen (Inflation) zu. Die Auswirkungen auf die Aktienmärkte sind bisher moderat, da übergeordnet auch weiterhin eine hohe Liquidität und kaum bis keine Anlagealternativen vorhanden sind. Auf der Zinsseite wird der November bis Dezember interessant, da hier die FED erste Schritte hin zu einer weniger expansiven Geldpolitik gehen möchte. Nachhaltige Zinserhöhungen sind aber nach aktuellem Stand nicht vor 2023 zu erwarten. Im Ergebnis bleiben wir also positiv für die Aktienmärkte, geben aber zu bedenken, dass es kurzfristig zu Schwankungen und Korrekturen kommen kann.

Bleiben Sie gesund!

 

Auftrag Nachhaltigkeit

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