Zinswende

Lesen Sie den aktuellen Marktausblick Q1/2022 und erhalten Sie die Einschätzungen unserer Experten.

Deutschland

Die Risiken und Probleme für Deutschland und Europa treten gleich zu Beginn des Jahres zum Vorschein. Zum einen stieg die Inflation zum Jahresende auf 5%. Zum anderen scheint sich der Konflikt in der Ukraine zu verschärfen und Kriegsängste zu schüren. Dazu kommt die Omikron-Welle, eine neue Covid-Variante, die zwar ansteckender ist, aber anscheinend weniger schwere Verläufe mit sich bringt. Diese Unsicherheiten zusammen mit den zu erwartenden Zinsanhebungen der Notenbanken führten zu Korrekturen an den Aktienmärkten. Dennoch möchten wir den Blick auf die fundamentalen Daten richten. Im letzten Jahr litt die deutsche Wirtschaft unter den weltweiten Coronabeschränkungen und den damit einhergehenden Lieferengpässen. Hinzu kamen die stark gestiegenen Rohstoffpreise und Transportkosten. Wir gehen davon aus, dass sich diese Probleme im laufenden Jahr entschärfen und so eine weitere Erholung der Wirtschaft in Gang kommt. Trotz hoher Sparquote kann der steigende Konsum zu einem robusten Wachstum führen. Speziell deutsche Unternehmen, die sehr exportorientiert aufgestellt sind, können hiervon profitieren.

 

Europa

Die hohe Inflation und die Coronabeschränkungen haben ganz Europa stark belastet . Vor allem der Dienstleistungssektor war durch die Coronabeschränkungen belastet. Die im Frühjahr dieses Jahres erfolgten Lockerungen sollten aber der Wirtschaft Auftrieb geben. Die EZB wird ihre Geldpolitik aufgrund der hohen Inflation nur sehr langsam anpassen. Das „Sonderkaufprogramm PEPP“ wird zum März 2022 eingestellt (bereits beschlossen). Allerdings wird im Gegenzug der Wiederanlagezeitraum der fälligen Anleihen aus diesem Programm bis 2024 verlängert und das „normale“ Kaufprogramm APP temporär erhöht (von 20 Mrd mtl. auf 40 Mrd). Die EZB möchte sich so die Möglichkeit erhalten auf negative Schocks zu reagieren. Viele Marktteilnehmer erwarten, dass die Inflationsrate länger hoch bleiben wird und die EZB so gezwungen sein wird im Laufe des Jahres die Zinswende einzuleiten. Aktuell preisen die Märkte eine Anhebung des Einlagensatzes von -0,5% auf -0,4% für das erste Quartal 2023 ein. Auch wenn die Schwankungen an den Aktienmärkten seit Jahresbeginn deutlich zugenommen hat, halten wir Aktien weiter für die bevorzugte Anlageform. Vor dem Hintergrund der Kurskorrekturen sind europäische Aktien im Vergleich zu amerikanischen eher günstig bewertet.  Alternativen im Zinsbereich gibt es aktuell nicht, aufgrund steigender Marktzinsen wird sich diese Assetklasse voraussichtlich schlechter entwickeln.

 

USA

In den USA zwingt die hartnäckige und hohe Inflationsrate die amerikanische Notenbank FED zum Handeln. Einerseits sind die Konjunkturdaten sehr robust, die Arbeitslosigkeit ist stark zurückgegangen und es gibt in einigen Bereichen bereits einen Fachkräfte Mangel. Die Inflationsrate stieg aber im Dezember auf 7%. Daher hat die FED die Zinswende eingeleitet. Die Anleihekäufe werden im März enden. Über die Wiederanlage der Fälligkeiten wird im laufenden Jahr entschieden, wir erwarten, dass ab dem 2. Quartal nicht mehr alle Fälligkeiten reinvestiert werden. Im März wird der erste Zinsschritt erfolgen. Die Marktteilnehmer rechnen mit 4-5 Zinsschritten à 0,25%. Unsicherheiten bestehen aufgrund von Aussagen von FED-Vertretern, dass in jeder Sitzung (dieses Jahr noch 7) die Zinsen erhöht werden können und dass die Zinsschritte auch größer sein könnten. Diese Unsicherheiten führen, speziell bei Technologietiteln, zu höheren Schwankungen. Beachtlich ist allerdings, dass die Gewinntrends nicht zurückgehen, was für ein weiteres Investment in Aktien spricht. Wir erwarten auch für die USA ein volatileres Aktienjahr, halten aber aufgrund der weiter anhaltenden Negativrendite im Anleihesegment, die Aktienseite für attraktiver. Speziell der Finanzsektor und Unternehmen aus zyklischen Branchen können profitieren.

 

Asien/Schwellenländer

Auch in anderen Ländern vollziehen die Notenbanken eine Zinswende. Hier zu nennen sind neben Großbritannien auch Neuseeland und Kanada. In China hingegen wurden die Kreditzinsen kürzlich gesenkt, da einige Immobilienkonzerne (u. a. Evergrande) in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Ein weiterer Grund sind die sinkenden Wachstumsraten. Diese begründen sich durch die Null-Covid-Strategie, die immer wieder lokale bzw. regionale Lockdowns und temporären Firmenschließlungen nach sich ziehen. Daneben gibt es eine Überalterung der Gesellschaft, als Folge der 1-Kind-Politik. Der IWF (Internationaler Währungsfonds) geht von einer Wachstumsrate von unter 6% in diesem Jahr aus. Dennoch sollten die Anleger die langfristigen Möglichkeiten nicht außer Acht lassen. So entwickelt sich Asien (Festlandchina, Japan, Südkorea, Taiwan, Singapur) zu einem Technologieführer in den Bereichen 5G, Big Data, Halbleiterproduktion, Automatisierung und Gesundheitswesen. Außerdem trat das Freihandelsabkommen "Regional Comprehensive Economic Partnership Agreement" (RCEP) zwischen den ASEAN-Mitgliedern (10 asiatische Staaten) zum 01.01.2022 in Kraft, was unter anderem einen unbürokratischen Austausch von Dienstleistungen und Waren zur Folge haben soll. Durch langfristig stärkere Wachstumsraten sollte der private Konsum ebenfalls angekurbelt werden. Nicht zu vergessen sind auch die Klimaschutzziele (z. B. möchte China bis 2060 klimaneutral sein), welche große Investitionen erfordern, die voraussichtlich von Staatsbanken durch günstige Finanzierungskonditionen gefördert werden. 

Für Russland und Brasilien sieht der IWF (Internationaler Währungsfonds) eher schwache Wachstumsraten. Die Prognosen belaufen sich auf 3% Wachstum für Russland und 2% für Brasilien. Speziell Russland könnte durch den Einmarsch in die Ukraine und den dadurch angekündigten Sanktionen, das Wachstum schwächer ausfallen. Positiv ist die Wachstumsprognose für Indien mit 8,5%. Wir empfehlen bei Investments in den Schwellenländern sehr selektiv vorzugehen und die Wachstumsaussichten bei der Länderallokation zu berücksichtigen.

 

Zusammenfassend stellen wir Folgendes fest:

Wie bereits in den vorherigen Newslettern beschrieben, treten die Risiken an den Finanzmärkten (Inflation, Covid, politische Spannungen) durch Kursschwankungen zu Tage. Dennoch könnte das TINA-Argument (There Is No Alternative) bestehen bleiben und eine positive Aktienmarktentwicklung weltweit stützen. Im Anleihesegment könnte es ratsam sein, Staatsanleihen aus Industrieländern zu reduzieren. Alternativen können sich im High Yield Segment oder auch bei asiatischen Unternehmensanleihen ergeben. Gerade bei letztgenannten Anleihen sind die Ausfälle meist sehr niedrig und die Renditeaufschläge meist sehr hoch.

 

Bleiben Sie gesund!

 

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